Jerusalem – 24 Stunden in der Heiligen Stadt
24 Stunden sind für Jerusalem definitiv zu wenig, so viel kann ich gleich zu Beginn sagen. Aber am Ende unserer einwöchigen Israel-Reise bleibt uns nur noch ein Tag. Denn fünf Tage haben wir in Tel Aviv und einen Tag am Toten Meer verbracht haben.
Die Heilige Stadt thront auf 800 Metern Höhe in den judäischen Bergen. Das Stadtbild ist ein ganz anderes als das von Tel Aviv, nicht nur weil die Stadt so viel älter ist. Auch für die modernen Gebäude wird fast ausschließlich der lokale Kalkstein verwendet.
Die Anreise von Tel Aviv mit dem Überlandbus gestaltet sich etwas komplizierter als wir gedacht hatten. Wie in Tel Aviv, haben wir uns auch hier wieder für die kostenlose Stadtführung von Sandeman’s entschieden. Dieses Mal ist unser Guide ein Schotte und heißt Allan.
Die Stadtführung
Durch das mächtige Jaffator betreten wir die ummauerte Altstadt.
Jerusalem ist eine geteilte Stadt, das heißt eigentlich ist es nur die Altstadt, die geteilt ist. Aber nicht so, wie wir das noch von Berlin kennen. Die Grenzen zwischen den einzelnen Vierteln sind keine unüberwindbaren Mauern. Neben dem jüdischen, dem muslimischen und dem christlichen gibt es noch das armenische Viertel. Und der Tempelberg – hier befinden sich die Al-Aqsa-Moschee und der Felsendom – ist eigentlich ein fünftes „Viertel“, das als einziges nicht immer und für jeden frei zugänglich ist. Für jede der Religionen hat die Stadt eine ganz besondere Bedeutung. Und dann ist da noch der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Es ist kompliziert – und es bleibt schwierig.
Allan zeigt uns immer wieder, wo wir kleine Hinweise darauf entdecken können, in welchem Viertel wir uns gerade befinden. Wir sehen die Klagemauer, den Felsendom, die Al-Aqsa-Moschee und die Grabeskirche. Im jüdischen Viertel besichtigen wir den Cardo, eine ausgegrabene römische Straße, und im armenischen die St. Jakobskirche.
Auf dem orientalischen Bazar
„Wenn Du noch nie auf einem richtigen orientalischen Bazar warst, bekommst Du hier einen kleinen Vorgeschmack“, sagt Allan, als wir in die engen Gassen des Marktes eintauchen. Der Bazar – im arabischen Sprachgebrauch auch Souk genannt – erstreckt sich zwischen Damaskustor und Jaffator, insbesondere im christlichen und im muslimischen Viertel. Hier werden wir, anders als in Tel Aviv, ständig von Händlern angesprochen. Ich muss sofort an eine Szene aus „Das Leben des Brian“ denken: „Was, nur zehn Schekel für diese schöne Flasche?“ und erwarte, dass man mir an der nächsten Ecke Otternasen und Ozelotzungen anbieten wird.
Nach der zweistündigen Führung und der etwas stressigen Anreise bin ich eigentlich ganz schön platt. Doch nach einer Pause in der benachbarten Mall – ganz weltlich, mit Pizza und Bier – bin ich bereit, noch einmal in die Altstadt zurückzukehren. Und es lohnt sich!
In der Altstadt
Es dämmert schon, als wir an der Klagemauer ankommen. Aber dieses Mal wollen wir etwas näher heran. Wir passieren die Sicherheitskontrolle und tauchen ein in diese uns so fremde Welt. Und auch wenn ich vorher gesagt hatte, mir bedeute das nichts, fühle ich hier eine ganz besondere Stimmung. Die Klagemauer sei für Menschen aller Religionen da, hat uns Allan erklärt. Männer und Frauen beten separat. Mir fällt auf, dass der Bereich für Männer viel größer ist als der für Frauen, obwohl mehr Frauen da sind. Bis ganz an die Mauer herantreten mag ich dann aber doch nicht. Vielleicht möchte ich auch einfach nicht von Matthias‘ Seite weichen, denn ein bisschen mulmig ist es mir doch an diesem heiligen Ort ob der aktuellen politischen Lage.
Die Grabeskirche
Auch die Grabeskirche, die wir bei der Führung nur von außen betrachtet haben, möchte ich mir noch einmal näher anschauen. Die Kirche steht an der Stelle, an der Jesus gekreuzigt worden sein soll. Ich war sicher, ich hätte mir den Weg gemerkt, aber in dem Gewirr der Gassen verlaufen wir uns schnell. Zum Glück treffen wir ein bekanntes Gesicht: eine Kollegin von Allan, die eine andere Gruppe geführt hatte, weist uns den Weg. Das Innere der Kirche zeigt mal wieder die Zerrissenheit dieser Stadt: Ein jahrhundertelang andauernder Streit zwischen sechs christlichen Konfessionen hat dazu geführt, dass jede von ihnen jetzt hier ihren eigenen Bereich hat. Das Ergebnis ist ein verwirrendes und mit religiösem Schmuck überladenes Labyrinth. Die Grabkammer in der Mitte der Kirche „teilen“ sich alle Konfessionen. Draußen auf dem Vorplatz kannst Du ein Kreuz mieten, um in Jesus‘ Fußstapfen zu treten. Das finde ich schon ziemlich schräg. Aber der Reiseführer hatte mich gewarnt: die Heiligen Stätten werden gnadenlos vermarktet! Ich bin froh, dass wir nicht zu Weihnachten hier waren.
Der Ölberg
Am nächsten Morgen haben wir wieder einen straffen Zeitplan. Wir wollen vor dem Abflug noch auf den Ölberg – nicht unbedingt, weil wir glauben, dass der Messias nun ausgerechnet heute hier erscheinen wird, sondern vielmehr wegen der schönen Aussicht. Der Berg ist leider am anderen Ende der Stadt, aber laut Internet dürfte es kein Problem sein: ein paar Stationen mit der neuen Straßenbahn, und dann durch das Damaskustor einmal mitten durch die Altstadt. Das Kartenprogramm auf dem Handy hat nur leider nicht berücksichtigt, dass man dabei über den Tempelberg muss. Und der ist – als einer der heiligsten Orte der Muslime – für Touristen nur zu ganz restriktiven Zeiten zugänglich. Das machen uns die Damen und Herren in Uniform unmissverständlich klar, und beim Blick auf ihre Maschinenpistolen möchte ich das auch nicht diskutieren. Wir irren durch zahlreiche Gassen, die sich am Ende als Sackgassen entpuppen. Es hilft also nichts – wir müssen einmal von außen um die Altstadt. Uns läuft langsam die Zeit davon. Trotzdem schlagen wir alle – und das sind nicht wenige – Angebote von windigen Taxifahrern aus, uns auf den Ölberg zu bringen. Das schaffen wir schon noch selbst! Nur für die zahlreichen Kirchen am Wegesrand haben wir leider keine Zeit mehr. Die fantastische Aussicht belohnt unsere Mühen, die goldene Kuppel des Felsendoms erstrahlt inmitten der Altstadt.
Mit diesem Bild im Kopf können wir nun Abschied nehmen. Ich bringe viele Eindrücke mit nach Hause, die ich nach und nach verarbeiten muss. Zuhause finde ich die Biografie von Lea Rabin in unserem Bücherregal. Die werde ich jetzt erst einmal lesen. Vielleicht verstehe ich dann irgendwann dieses Land ein wenig besser.
An- und Abreise
- Von Frankfurt, Berlin und München gibt es Direktflüge nach Jerusalem.
- Von Tel Aviv fährst Du mit dem Überlandbus von einem der zentralen Busbahnhöfe ungefähr eine Stunde nach Jerusalem. Zum Flughafen von Tel Aviv kannst Du ebenfalls einen Überlandbus nehmen oder ein Sammeltaxi.
Hier habe ich gegessen
Gleich um die Ecke fanden wir zufällig das Restaurant Primitivo. Da die Website nur auf hebräisch ist, schaust Du am besten mal auf TripAdvisor. Unglaublich freundlicher Service und eine tolle Weinauswahl. Hier würden wir öfter hingehen, wenn wir dort wohnen würden.
Hier habe ich übernachtet schnipp
In Jerusalem haben wir noch ein bisschen mehr investiert als in Tel Aviv – es war ja nur für eine Nacht – und uns für das neue Tryp Bat Sheva Hotel entschieden. Das hat sich gelohnt: Das Personal war sehr freundlich, das Zimmer modern und großzügig und das Frühstück grandios.
Tryp Bat Sheva Hotel
King George 42
Jerusalem, Israel 9426213