Rehrücken, Grünkernrisotto und Forellenfilet: so ißt man im Odenwald
Es ist Sonntagmorgen, kurz vor 9 Uhr. Ich sitze zusammen mit 9 Journalisten und Reisebloggern, sowie unseren beiden Begleiterinnen Sannah Mattes und Tina Last vom Urlaubsland Baden-Württemberg im Bus, der uns zu einem Kochkurs mit Oldenwälder Grünkern bringt. Es ist sehr ruhig im Bus. Die meisten schauen aus dem Fenster, wo eine stille Odenwälder Landschaft an uns vorbei zieht. Auf einem Feld sehe ich Bewegung. Beim Näherkommen erkenne ich, das es sich um ein Rotte Wildschweine handelt.
Im leichten Nieselregen kommen wir im Waldhotel Wohlfahrtsmühle in Hardheim an. Im Eingangsbereich des Restaurants und Hotels, der Jagdstube, brennt im Kamin ein behagliches Feuer. Mit einem Glas Sekt werden wir von Sabine und Armin Münster herzlich begrüßt.
Die Wohlfahrtsmühle ist eine von 14 Getreidemühlen im Erftal, erklärt uns Herr Münster. Sie ist bereits in der 7. Generation im Besitz der Familie, im 14. Jahrhundert erstmalig erwähnt. Bis 1968 wurde hier Getreide gemahlen, heute ist sie ein beliebtes Hotel und Restaurant, das beispielsweise in der SWR Serie „Unsere schönsten Landhotels” den zweiten Platz belegte. Im Restaurant der Wohlfahrtsmühle werden überwiegend Produkte aus der Region verarbeitet. Es gibt eine eigene Forellenzucht und auch das Wild kommt aus der eigenen Jagd. Nach dieser Einführung bekommt jeder von uns eine Schürze umgebunden und der Küchenchef Armin Münster verrät uns, was wir heute zubereiten werden.
Grünkernrisotto mit Forellenfilet aus dem Mühlenteich
mit Bürgstädter Silvanersauce
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Reh aus dem Erftal, rosa gebraten
mit Dinkelspätzle auf Wirsingkohl mit Apfel-Ingwer-Kompott
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Gebackene Grünkernhefekrapfen auf Gewürzpflaumen
mit Glühwein-Zabaglione und gebranntem Mandeleis
Ehrlich gesagt werden wir aufgrund der Kürze der Zeit nicht selbst kochen. Normalerweise geht der Kochkurs über den ganzen Tag. Wir haben vielmehr das Vergnügen, dem Küchenchef und seinem Schwager über die Schulter schauen zu dürfen.
Nach dem Händewaschen stehen 12 erwartungsvolle Kochschüler um die Arbeitsfläche herum. Ich habe noch ein wenig Angst, mich in der Restaurantküche zu bewegen. Mit den Strassenschuhen ist der Boden doch sehr rutschig. Auf der Arbeitsfläche stehen Mise en Placemindestens 20 kleine Schälchen mit den Zutaten für die heutigen Gerichte.
Als erstes bereitet der Koch ein Grünkernrisotto zu. Die Zutaten werden nacheinander angeschwitzt, bevor der Grünkern hinzugegeben wird. Dieser wurde vorher gar gekocht und angeröstet.
Parallel zeigt uns Küchenchef Münster, wie man eine Forelle filetiert. Bei der Frage „Wer möchte das denn jetzt einmal ausprobieren?“ schauen alle Teilnehmer angestrengt in eine andere Richtung. Nur Christine ist so mutig, nimmt das Messer in die Hand und beginnt den Kampf mit der Forelle. Nachdem alle Forellen filetiert sind, werden die Filets in heißem Olivenöl auf der Hautseite angebraten.
Während die Forellen in der Pfanne brutzeln, wird unsere Aufmerksamkeit auf die andere Seite der Arbeitsfläche gezogen. Wir lernen, wie man Spätzleteig schlägt. Das sieht deutlich anstrengender aus als eine Tüte mit fertigen Spätzle aufzureißen.
Und schon gibt es den nächsten Szenenwechsel. Hauptdarsteller ist diesmal der Rehrücken. Küchenchef Münster zeigt uns, wie man den Rehrücken vom Knochen trennt. Diesmal fragt er nicht, ob das jemand ausprobieren möchte. Er wird schon wissen, wieso. Der Rehrücken wird in Rapsöl scharf angebraten und dann im Ofen bei niedriger Temperatur gegart.
Während auf der einen Seite der Küche die Hefekrapfen für den Nachtisch zubereitet werden, lernen wir auf der anderen Seite, wie man ein Apfelkompott mit karamellisierten Äpfeln herstellt. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie es jetzt in der Küche duftet. Die ganze Zeit beobachte ich fasziniert die beiden Köche bei ihrer Arbeit. Jeder Handgriff sitzt. Mit einer Leichtigkeit entstehen vor unseren Augen die wunderbarsten Gerichte.
Nachdem alle Gerichte zubereitet sind, dürfen wir an der festlich gedeckten Tafel Platz nehmen. Bei leckeren Weinen erlebe ich eine Geschmacksexplosion nach der anderen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mit Grünkern nur tiefgekühlte oder in der Kantine zubereitete Grünkernbratlinge verbunden. Das man aus diesem einfachen Produkt so köstliche Gerichte zubereiten kann, hätte ich nicht erwartet. Die Vorspeise, die Nachspeise. Sogar das Hauptgericht enthält Grünkern. Von „Arme-Leute-Essen“ kann überhaupt nicht die Rede sein. Das Risotto mit Forelle habe ich mittlerweile schon einmal nachgekocht. Es hat bei weitem nicht so lecker geschmeckt, wie in der Wohlfahrtsmühle, aber ich bleibe dran.
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- Grünkern ist durch Zufall entstanden. Nach einem kalten, regnerischen Sommer wussten die Bauern nicht, was sie mit dem unreifen Getreide machen sollten und haben es „grün“ geerntet.
- Das Landgasthaus Wohlfahrtsmühle bietet im Frühjahr und im Herbst Kochkurse an. Sie beginnen morgens mit einer Revierbesichtigung, später wird gekocht. Abends kommen dann zum Essen die Partner hinzu, die Abende klingen meist erst zu Mitternacht aus.
- Was ist Grünkern?
Adresse
- Wohlfahrtsmühle Waldhotel & Restaurant
Wohlfahrtsmühle 1
D-74736 Hardheim
Öffnungszeiten
- Das Restaurant hat Montag und Dienstag Ruhetag, das Hotel ist natürlich durchgehend geöffnet
Offenlegung
Zu diesem Kochkurs wurde ich eingeladen von Tourismus Baden-Württemberg und der Touristikgemeinschaft Odenwald e.V. (TGO). Herzlichen Dank dafür. Meine Meinung bleibt die eigene.
3 Comments
Edda Janßen
Hallo Heike, ich muß sagen, als Köchin machste ne gute Figur.
Ich glaube, dass Dir die Gerichte geschmeckt haben, das sieht ja auch alles köstlich aus.
Und danach an dem festlich gedeckten Tisch Platz nehmen, toll
LIeben Gruß Edda
Heike
Vielen Dank, liebe Ed.
Aber Köchin werde ich trotz der guten Figur nicht :-)
vielweib
Die Schürze steht Dir gut. Kannst gern auch hier anrichten :-)
Danke für den schönen, genussvollen Artikel.